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SoDi Zwei V – Videoanalysen zu sozialen Disparitäten im neuen zweigliedrigen Schulsystem


Leitung:
Prof. Dr. U. Hagedorn (Universität Bielefeld)
AOR Dr. J. Siewert (Universität Siegen)

Es handelt sich um eine mehrjährige Panelstudie. Sie ist noch in der Entwicklungsphase.

Hintergrund:
Der bildungspolitische Trend in Deutschland ist eindeutig: Das nach der Grundschule bisher noch vielgliedrige Schulsystem entwickelt sich sukzessive in ganz Deutschland zu einem zweigliedrigen. Langfristig wird es neben dem Gymnasium nur noch eine weitere Schulform geben (etwa Sekundarschule, Gemeinschaftsschule, Oberschule). Dieser Trend ist die Antwort auf letztlich zwei drängende bildungspolitische Probleme: 
  • erstens die sinkenden Schülerzahlen und das dadurch erzeugte Problem, regional nicht mehr für alle Schüler eine angemessene und attraktive Hauptschule zur Verfügung stellen zu können,
  • zweitens der Versuch, der in Deutschland besonders engen Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg zu begegnen.

Mit der Panelstudie SoDi Zwei V wird vor diesem Hintergrund untersucht, ob das avisierte zweigliedrige Schulsystem tatsächlich das Potential dazu hat, zur Entkopplung des Bildungserfolgs von Schülern und ihrer sozialen Herkunft beizutragen. Dazu wird nach dem Modell von Boudon zur Reproduktion von Bildungsungleichheit nach (vermeintlich) primären und sekundären Herkunftseffekten auf den Bildungserfolg der Schüler gesucht. 

Im Zusammenhang mit sekundären Herkunftseffekten sind die Übergänge von der Grundschule in das dann mehrgliedrige Sekundarsystem zwar schon umfassend untersucht, noch nicht untersucht sind aber die Übergänge in das neue zweigliedrige System. Dieses ist eine Forschungslücke, die mit dieser Studie am Beispiel der Systeme in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein geschlossen werden soll: Weil NRW mit der Sekundarschule ohne eigene gymnasiale Oberstufe auf ein hierarchisch gegliedertes System setzt, werden zur Kontrastierung solche Gemeinschaftsschulen aus Schleswig-Holstein in die Studie einbezogen, die über eine eigene gymnasiale Oberstufe verfügen und insofern gemeinsam mit dem Gymnasium ein System zweier gleichberechtigt paralleler Schulformen bilden. 

Die zweite zu schließende Forschungslücke stellt sich wie folgt dar: Primären Herkunftseffekte bezeichnen wir zurückhaltender als „vermeintliche Herkunftseffekte“, weil wir bei der Untersuchung neben außerschulischen Strukturen und Prozessen der Schüler auch in Erwägung ziehen, dass die Schule als Bildungsinstitution selbst Effekte erzeugt, die dann als herkunftsspezifisch wahrgenommen und möglicherweise als herkunftsbedingt fehlinterpretiert werden. Diese These wurde in Deutschland bisher kaum untersucht und stellt ein echtes Desiderat dar, obwohl die Ergebnisse solcher Untersuchungen fundamental für die Entwicklung von Interventionsmaßnahmen wären. Denn ließe sie sich empirisch stützen – und dafür haben Siewert et al. in der Studie SCHLAU entsprechende Indizien gefunden – hätte das unmittelbare Auswirkungen darauf, dass Interventionsmaßnahmen beim Umbau des Schulsystems berücksichtigt werden und ggf. direkt in der Lehrerausbildung sowie in der Schule ansetzen müssten. – Man denke etwa an den Ausbau des Ganztagsschulsystems, mit dem das Problem sozialer Disparitäten im Schulerfolg ohne Kenntnisse über die Rolle der Schule dabei eher verstärkt als verhindert würde. Um derartige Schul- und Herkunftseffekte unterscheiden zu können, wird Unterricht exemplarisch in den Fächern Mathematik und Sozialwissenschaften videographiert und schulformvergleichend einerseits dieser Unterricht insgesamt und andererseits Aufgaben, die darin eine Rolle spielen (etwa Arbeitsaufgaben, Klausuren bzw. Tests) nach der Rahmung und Klassifizierung analysiert.  

 
 
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